Ich sehne mich nach Frieden - und kämpfe weiter.
Ich sehne mich nach Gemeinschaft - und gehe alleine.
Ich sehne mich nach Stille - und lärme lauter.
Ich sehne mich nach Schönheit - und wühle im Dreck.
Ich sehne mich nach Freude - und bleibe im Schmerz.
Ich sehne mich nach Ruhe - und arbeite weiter.
Ich sehne mich nach Gott - und lenke mich ab.
Ich spüre mich - und weiß doch nichts damit anzufangen.
Ich bin nicht mit mir verbunden.
Unruhig ist mein Herz, bis es Ruhe findet in dir.
Hl. Augustinus

Vor einigen Tagen bin ich zum Kindergarten spaziert, um meinen Sohn abzuholen. Meine kleine Tochter hatte ich am Arm. Ich fahre oft früher los um keinen Stress bei der Parkplatzsuche zu haben. Und so hatte ich Zeit für eine kurze Frage an Gott: Warum lieben manche Menschen ihr Leben und andere nicht? Woran liegt das? Woher kommt diese Zufriedenheit bei manchen Menschen? Es kann nicht an den Umständen liegen, oder nicht nur...
Die Antwort hat mich sehr überrascht.
Sofort kam ein klarer Gedanke, für mich wirklich wie eine Antwort Gottes:
"Du kannst nur lieben, was du lebst."
Wie kannst du etwas lieben, das du gar nicht wirklich erlebst?
Wie kannst du dein Leben lieben, wenn du durch den Tag hetzt und gar nicht richtig bei dir bist?
Lieben kann man nur, wenn man sich in seiner GANZHEIT hingibt.
Dieser Impuls hatte gesessen und mich wirklich zum Staunen gebracht. Den ganzen Tag über war ich wie gefesselt von dieser Wahrheit. Am Abend habe ich mich noch einmal hingesetzt und weiter darüber nachgedacht.
In der Bibel heißt es:
Jesus sagte zu ihm: Was steht im Gesetz geschrieben? Was liest du?
Er antwortete: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und deiner ganzen Seele, mit deiner ganzen Kraft und deinem ganzen Denken, und deinen Nächsten wie dich selbst. Jesus sagte zu ihm: Du hast richtig geantwortet. Handle danach und du wirst leben!
Lk 10, 27-28
Genau das ist es.
Mit GANZER Kraft, mit GANZEM Herzen, mit GANZER Seele.
Halb oder Ganz?
Wenn ich immer mit meinen Gedanken bei den nächsten To-Dos bin, wenn ich meinen Körper gar nicht mehr wahrnehmen kann, weil ich nur am funktionieren bin und mein Nervensystem vollkommen überladen ist, weil ich unkontrolliert alle Infos aus Social Media und Co. auf mich einströmen lasse dann bin ich nie und nimmer mit GANZEM Herzen bei der Sache - genannt mein Leben, mein Alltag. Das ist einfach unmöglich! Dafür sind wir Menschen nicht gemacht. Wir sind keine Maschinen, die in Daueranspannung leben können.
Dann höre ich meinen Kindern immer nur mit dem halben Ohr zu. Dann spiele ich immer nur mit meinem halben Herzen Fußball. Dann begleite ich jeden Konflikt Imme nur mit halber Kraft.
Wir sind dafür gemacht zu LEBEN, nicht bloß zu funktionieren.
Jesu Leben
Wie jeder Mensch hatte auch er ein volles Leben: Er machte sich auch viele Gedanken, da er z.B. von den Pharisäern oft herausgefordert wurde und auch herausgefordert hat. Er musste genau wie wir seine eigenen Gefühle begleiten. Denken wir zum Beispiel an den Wutanfall im Tempel (Joh 2, 13-17). Er hatte seine Aufgaben und Pflichten als Zimmermann und Sohn. Er hatte die Geschichten und Schicksale der Menschen im Herzen, denen er begegnet war (Blinde, Taube, Lahme, Tote, Verbrecher,..).
Er hatte also sehr viel zu tun, die Menschen haben ihn teilweise regelrecht bedrängt (Lk 5, 1)!
Doch er hat sich trotz all dem was auf ihn eingeströmt war, nicht davon abhalten lassen GANZ zu leben und zu lieben. In keiner Erzählung begegnet er uns abgelenkt, gestresst oder unsicher. Er war vollkommen präsent und klar in seinem Auftrag.
Wie hat er das geschafft?
Präsenz und Fokus.
Wenn ich das Leben Jesu betrachte fällt mir auf, dass er sich selbst und seine Beziehung zu Gott immer an die erste Stelle gestellt hat. Er hat sogar die Erwartungen anderer enttäuscht, um sich zurückziehen zu können. Einmal schickte er beispielsweise die Menschen weg und ging auf einen einsamen Berg um zu beten (Mt 14, 23). Er hat sich selbst nicht wie eine "Heilungsmaschine" behandelt und immer weiter gemacht, weil ihn alle dringend gebraucht haben. Nein, er wusste, dass er nichts bewirken kann wenn er nicht ganz mit sich und seinem Vater verbunden war.
So dürfen auch wir mit unsern Aufgaben und Lebensrollen umgehen. Wir dürfen immer wieder schauen, wie geht es mir? Was brauche ich? Was ist jetzt gerade wirklich dran? Was brauche ich um mich wieder auf meine Aufgaben ausrichten zu können und wieder Kraft dafür zu haben?
Und das dauert keine Stunden oder Tage. Es geht nur darum sich selbst mitzunehmen, bei seinen vielen Aufgaben und Rollen. Klingt banal und doch sind wir es gewohnt das nicht zu tun. Oft reichen schon 2 Minuten. Einfach nur kurz "bei sich einchecken". Nicht nur um neue Kraft zu schöpfen, sondern um der Verbundenheit willen.
Ich gebe dir kurz ein paar Beispiele aus meinem Alltag, wie ich das meine:
- Abgelenkt beim Spielen? Ich schreibe meine Gedanken kurz auf und spiel dann mit voller Aufmerksamkeit weiter (dauert vielleicht 2 Minuten).
- Gereizt mit den Kindern? Ich versuche kurz bewusst zu atmen, eventuell frische Luft und dann schaue ich was los sein könnte. Habe ich Durst/Hunger? Bin ich verspannt? (dauert nur Sekunden)
- Unruhig? Ich lese einen kurzen Bibelvers z.B. auf deinem Handy(dauert 1 Minute und geht überall).
- Gestresst? Was ist jetzt wirklich dran, was möchte Gott von mir? Wozu ruft er mich JETZT gerade? (dauert 1 Minute)
- viele Gefühle, schwerer Tag? Ich versuche die Situation erstmal nur anzunehmen wie sie ist, die Gefühle da sein lassen, milde mit mir sein und Gottes Gnade zu empfangen (dauert ein paar Minuten).
- kurz Ruhe? Ich versuche mich nicht gleich in die nächste Aufgabe zu stürzen, sondern erstmal innezuhalten und meinen eigenen Körper in seiner Ganzheit zu spüren und zu schauen wie siehts gerade in mir drinnen aus? (dauert 1 Minute)
Einheit/Einklang
Wenn du dein Leben (mehr) genießen möchtest, mehr erleben möchtest, geht es nicht in erster Linie darum mehr oder weniger zu machen. Also mehr Reisen, mehr Freundschaften, mehr Dinge, oder andersrum weniger Dinge, weniger To-Dos etc. - sondern es geht darum, wie du mit DIR umgehst. Das verändert dann auch die Perspektive und den Umgang mit deinen Aufgaben und Pflichten, eben deinem alltäglichen Leben.
Wenn wir unser Leben genießen wollen, müssen wir es VERBUNDEN mit uns und unserem Schöpfer leben.
Ich hoffe dieser Beitrag war inspirierend für dich.
Nimm dir mit was mit deinem Herzen resoniert und schreib mir bei den Kommentaren gerne deine Gedanken dazu.
In diesem Sinne ganz viel Segen auf deinem Weg mit Gott,
deine Paulina